Wieso wir Deutschen nicht gerne gründen und warum wir es trotzdem tun sollten

Jeder kann in Deutschland sein eigenes Unternehmen gründen. Als größte Volkswirtschaft Europas hätten wir auch alle Voraussetzungen dafür. Doch wir finden immer wieder genügend Ausreden.

Das ist viel zu riskant!

Eine Unternehmensgründung scheint auf den ersten Blick sehr herausfordernd zu sein. Selbst wenn man eine gute Geschäftsidee hat, heißt das noch lange nicht, dass man damit Erfolg hat. Wo fange ich an? Was brauche ich überhaupt? Wie wird diese finanziert? Doch die Angst vor dem Scheitern ist wohl die Hauptursache, warum man seinen Traum vom eigenen Unternehmen wieder aufgibt. 

Es ist allgemein bekannt, dass die Gründung eines Unternehmens ein hohes Risiko darstellt. Daher ist es nicht förderlich, dass wir Deutschen generell als ängstlich gelten. Doch wie gehen andere Länder mit diesem Risiko um? 

In Israel entstehen die meisten Unternehmen weltweit, gemessen an der Einwohnerzahl. Das Land wird sogar als “Start-Up Nation” bezeichnet. Doch dort sind die Voraussetzungen bei Weitem nicht so gut wie in Deutschland: permanenter Stress durch politische Unruhen, keine Handelsbeziehungen zu den Nachbarländern sowie Wassermangel und andere agrarwirtschaftliche Probleme. Eigentlich hätten die Israelis genug anderes zu tun, als sich in das Abenteuer der Unternehmensgründung zu stürzen. Doch für sie ist Innovation die einzige Möglichkeit, am Weltmarkt teilzunehmen. Sie haben dabei weitaus mehr Risiko zu tragen, als wir Deutschen. Warum haben sie weniger Angst vor dem Scheitern? Weil sie das Scheitern nicht als solches empfinden. Ein/e israelische/r UnternehmerIn würde lieber mit jemandem Geschäfte abschließen, der bereits mit einem Unternehmen gescheitert ist, als mit jemandem, der noch kein Unternehmen gegründet hat. Es geht um die Erfahrung und darum, Fehler zu machen. 

Kann ich das überhaupt?

Wenn wir uns eine Person vorstellen, die ein Unternehmen gründet, dann sehen wir einen jungen Menschen, der von einer Geschäftsidee wie vom Blitz getroffen wird. Er bricht sein Studium ab, setzt sich an seinen Laptop und programmiert die nächste Innovation, die die Welt verändern wird. 

Tatsächlich trifft das nur auf die wenigsten Gründerinnen und Gründer zu. Die meisten beenden ganz normal ihr Studium, arbeiten ein paar Jahre und machen sich dann selbständig. Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt bei 36 Jahren. Nur 2% aller Gründungen in Deutschland sind wirklich innovativ und überregional ausgerichtet.

Eine Studie zur weltweiten Gründungsforschung belegt, dass nur die Hälfte der Deutschen im Alter von 18 bis 64 Jahren daran glauben, dass sie die Fähigkeiten und Erfahrungen für eine Unternehmensgründung hätten. Damit liegt Deutschland auf Platz 27 von 33 vergleichbaren Ländern. Wir scheinen einfach nicht an uns zu glauben.

Ich habe nicht genug Geld dafür…

Eine Unternehmensgründung ist immer auch eine Geldfrage. Gerade junge Unternehmen haben es schwer, Kredite zu bekommen, weil sie keine Sicherheiten vorweisen können. Wenn wir daran denken, außerhalb von Banken Kapital zu mobilisieren, fällt uns dann nur ein, Freunde zu fragen oder gleich Investoren zu überzeugen. Problematisch wird es jedoch, wenn man die Freunde nicht fragen will oder nicht genügend Kontakte hat, um Investoren zu treffen. 

Dann ist da auch die Frage, wie viel Geld man eigentlich braucht. Wir denken an unsere jungen, innovativen GründerInnen, die die Welt verändern möchte. Natürlich brauchen sie mehrere Millionen. 

Tatsächlich nutzen über 50% der Gründerinnen und Gründer ihre eigenen Mittel. Nur 15% der Gründungen benötigen überhaupt externe Finanzierung. Es ist eben die Frage, womit man anfängt. Außerdem gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten, wie ein Einstieg in die Selbständigkeit unterstützt wird – Förderung zum Beispiel. Was viele nicht wissen, ist, dass man selbst aus der Arbeitslosigkeit gründen kann. Der Gründungszuschuss für ALG-I-EmpfängerInnen oder das Einstiegsgeld für Personen die ALG-II beziehen, sind nur Beispiele für ein Meer aus Möglichkeiten. 

Gründe, es nicht zu tun, gibt es viele – aber noch mehr, es doch zu tun

Wir Deutschen finden also viele Ausreden, warum wir lieber in unserer Komfortzone bleiben und nicht unseren Traum vom eigenen Store oder unsere Idee einer nachhaltigen Bambus-Flasche verwirklichen. Allgemein sind Unternehmensgründungen der Motor einer Volkswirtschaft. Neue Unternehmen bedeuten die Erneuerung alter Strukturen, das Finden neuer Lösungen für bekannte Probleme und das Schaffen neuer Arbeitsplätze, sogar neuer Berufe. Dabei ist es egal, ob es um eine Tischlerei oder um  Blockchain-Technologie geht. Wir lassen uns zu sehr beeindrucken, was die Mark Zuckerbergs dieser Welt tun und vergessen dabei, was wir durch unsere Ideen in unserer Nachbarschaft verändern können.

Was hält dich davon ab, deine Idee umzusetzen? Lass es uns gerne wissen.